Hallo zusammen, hier mal der erste Brief, den ich jemals an unseren Briefträger geschrieben habe. Ich veröffentliche ihn hier, weil ich nicht möchte, dass er nächsten Sonntag von einem unterbezahlten Postmanager-Neffen zugestellt werden muss, der dann auch bloß einen 100-Euro-Briefmarken-Gutschein dafür erhält. Also: „Hallo lieber Postbote, erstmal: vielen herzlichen Dank dafür, dass ich die cellophaneingeschweißte `Einkauf Aktuell´ seit einiger Zeit nicht selbst wegschmeissen muss. Gerne können Sie das auch nach dem Streik weiter so handhaben. Oder wie es jetzt in einer nicht für die Öffentlichkeit gedachten internen Mail eines Postmanagers zu lesen war: „Die Sendung soll ordnungsgemäß vernichtet werden. (…) Diese Maßnahme sollte so ‚geräuschlos‘ wie möglich ablaufen, daher bitte keine Kommunikation mit unseren Absenderkunden (vor allem Real).“ Jawollja! Aber – Psssst – nicht weitersagen. Und wenn, dann nur an Trinkgut. Außerdem darf ich Ihnen, lieber Postbote, versichern, dass Ihr Streik meine volle Unterstützung hat. Klar hab ich auch lieber meine Briefe schnell im Kasten. Aber ich will eben auch nicht, dass Sie und Ihre Kollegen in Billiglohnfirmen ohne Mitbestimmungsrechte schuften müssen. Die Deutsche Post AG ist ja reich. Sie könnte diesen Reichtum besser nutzen, um mal was ganz Neues auszuprobieren: als Aktienkonzern zum großen gelben sozialen Vorbild in Deutschland werden. Na? Wär doch nicht schlecht, oder? Mal einmal der Gute sein. So wie Bibo von der Sesamstraße. Ein paar Euros weniger an die Aktionäre, aber dafür die Gesellschaft verbessern? Und auch mal positive Schlagzeilen haben? Briefe verbinden! Da war doch mal der Werbeslogan… Aber wie soll man das als kleiner Postbote dem Vorstand im Post-Tower erklären? Man kann sich ja schlecht selbst im Zalando-Paket in die Vorstandsetage schicken. Auch, wenn die da auf großem Fuß leben… solche Riesenschuhe, das würde schon auffallen. Also – was tun? Da bleibt ja nur streiken. Insofern, lieber Postbote: Toi, toi, toi für uns alle. Und wenn meine ganzen Rechnungen erst in 14 Tagen hier im Kasten sind. Was soll ich sagen? Ich komm damit klar. Bis (vielleicht) die Tage! Matthias Reuter“